Tuesday, May 8, 2012

Die Frustration schlaegt durch

Da hat alles so harmonisch angefangen und dann kommen manche Dinge doch anders, als man es sich vorgestellt hat. Ich muss sagen, dass sich die letzten Wochen immer mehr Frustration und Aggression aufbaut. Und das Problem ist: Ich kann nicht viel machen, um das zu aendern, nur abwarten...Ich glaube, wenn ich das jetzt alles im Detail auffuehren wuerde, dann koennte ich ein Buch veroeffentlichen. Nun koennte man meinen, es sei die Beziehung, die nicht funktioniert. Aber weit gefehlt, denn die funktioniert an sich sehr gut. Es sind eher die ganzen Rahmenbedingungen, die mich teilweise zum verzweifeln bringen. Nun ist es wahrscheinlich auch nicht von Vorteil, Widder (mit einem starken Willen) zu sein. Aber wenn ich die Dinge mal so reflektiere, dann glaube ich eigentlich, dass ich schon staerker die Zaehne zusammengebissen habe, als andere (Detusche) es vielleicht tun wuerden.


Ich kann ja mal eine kleine Liste machen:

  • Wir haben ueber 2 Monate bei der Schwester gewohnt, als Gaeste
  • Ich sehe das Gesicht und hoere die Stimme der Schwester oefter als das/die meines Freundes und das nervt mich langsam
  • Mein Freund ist gefangen auf Arbeit (dafuer kann er ja nichts)
  • Jetzt sind wir in die neue HALBFERTIGE Wohnung ruebergezogen, wo stetig noch Handwerker ein und ausgehen und alle anderen sowieso
  • Ich vermisse deutsche Handwerks-Fertigkeit, die ist unschlagbar
  • keine Privatsphaere, kaum Zeit fuer ruhige Stunden
  • Die Rumraeumerei geht mir aufn Keks, ich will meine eigene Ordnung haben und nicht, dass Putzfrau oder Schwester immer alles umraeumen
  • Fuer die Schwester ist immer alles lustig und nicht so schlimm (sie ist auch echt witzig und ich mag sie, aber generell von den Vorlieben etc. sind wir sehr unterschiedlich)
  • Die Einrichtung der neuen Wohnung entspricht gar nicht meinem Geschmack, total kuehl und steril
  • Wenn man ueberall nur Gast ist, hat man das Gefuehl, sich fuer alles rechtfertigen zu muessen
  • Meine Arbeit ist relativ langweilig
  • Ohne Auto komm ich hier in KL gar nicht rum und mit Auto waere ich nur vom Stau abhaengig (bin ich so aber auch)
  • Die Exfreundin ist nach Malaysia gezogen und hat sich hier in KL eingenistet und schlaegt sich auf jedem Event rum, da geh ich also nicht mehr hin
  • Es ist schwer, Freunde zu finden, wenn man den ganzen Tag arbeitet
  • Meine Praktikanten-freunde sind so ziemlich jedes Wochenende irgendwo anders unterwegs (Thailand, Borneo, Indonesien...). Das kann ich mir nicht leisten, also bin ich oft am Wochenende allein oder mit der Schwester...(Freund muss ja eh arbeiten)
  • Ich werde zum unsinnigen Online-Seminar (von der Uni) jeden Montag nach der Arbeit gezwungen, was die groesste Zeitverschwundung ist, ich dafuer aber kein Yoga und Badminton mehr machen kann
So, das waren jetzt mal ein paar Punkte. Kaemen sie einzeln vor, waere das sicherlich kein Problem. Nach dem ganzen Stress, den ich aber in Deutschland am Schluss hatte und den Hoffnungen, die mir gemacht wurden (Wohnung zusammen einrichten etc.) ist das ehrlich gesagt ein ganz schoener Hammer. Am Anfang war das alles noch ertraeglicher, aber das verschlimmert sich natuerlich ueber die Zeit, vor allem, wenn man merkt, dass man kaum mehr Entscheidungsgewalt fuer etwas hat. Wenn man seit dem 16. Lebensjahr sehr selbsstaendig war und selbst Entscheidungen treffen konnte, dann fuehlt man sich doch hier manchmal reichlich genervt, wenn das in kaum einer Weise mehr moeglich ist und man nie gefragt wird. Du bist staendig nur Gast und musst dich dementsprechend verhalten und anpassen. Nach fast 3 Monaten reicht mir das. Ich moechte meine Schuhe bitte selber so ins Regal stellen koennen, wie ich will. Ich moechte auch gerne das Bett so rumstellen koennen, wie ich es passend finde, ohne immer Kommentare zu bekommen.
Gestern hatte ich leider einen kleinen Heulanfall. Manno, regt mich das auf. Und ich hab nicht mal das Recht, mich grossartig aufzuregen. Dann bin ich ja gleich die Meckertante vom Dienst. Ich kann ja froh sein, dass ich ueberhaupt kostenfrei dort bleiben kann. Wenn ich von Anfang an gewusst haette, dass sich alles so hinzieht und dann SO aussieht, dann haette ich mir gleich nen eigenes Zimmer iwo genommen. Da duerfte ich dann wenigstens auch mal die Klamotten aufm Bett liegenlassen.
Was mich an der ganzen Sache noch mehr nervt, ist, dass mein Freund ja eh die ganze Zeit auf Arbeit ist, es ja auch seine Familie ist und ihn deshalb weniger stoert. Er ist eh ein kleiner Ja-Sager. Das kann einen manchmal echt auf den Vulkan jagen. ER wohnt doch dann in der Wohnung, da soll er doch auch mal den Mund aufmachen. Aber gut, das hab ich ihm auch schon kommuniziert. Mal gucken...
Die Atmosphaere in der neuen Wohnung ist wirklich kalt. Es sieht ein bisschen wie ein Museum aus, hauptsaechlich schwarz-weiss gehalten mit vielen Szene-Lampen, die schoen grelles, weisses Licht ausstrahlen. Immerhin konnte ich durchsetzen, dass das Schlafzimmer von babyblau auf gelb umgestrichen wurde. Da habe ich mir wahrscheinlich aber auch keine Freunde mit gemacht. Und wer sucht denn bitte schwarze Fliesen fuer den Badezimmerboden aus??? Die sehen IMMER dreckig aus. Kalkablagerungen etc...Und Wasserwagen scheinen auch ein Fremdwort zu sein. Aber man kann der Schwester ja vorher sonstwas erzaehlen. Sie hat ihren Masterplan und der ist unantastbar...

Das hat alles schon Ausmasse erreicht, dass ich es kaum erwarten kann, nach Singapur zu gehen und dort mein eigenes Zimmer zu haben...Da kann ich dann auch Poster aufhaengen wie ich will.

Der Hoehepunkt folgt ja aber noch: Da die Hochzeit der Bruders aus gewissen Gruenden ins Wasser gefallen ist, wird jetzt mein Freund mit ihm zusammen nach Japan in die Flitterwochen fahren. Zu dieser Zeit ist dann aber auch die ganze Familie in the House, aus Australien etc. Denn die Fluege fuer die Hochzeit waren ja schon gebucht. 2 Wochen ist dann die ganze Familie inklusive Kindern und Eltern hier in Kuala Lumpur. Die Eltern werden in unserer neuen Wohnung mit wohnen. Ich bin dann quasi mit ihnen alleine dort. Das ist wahrscheinlich ein Traum fuer jede Schwiegertochter. Waere jetzt nicht der ganze andere Stress schon, koennte ich das auch noch ertragen, aber ich sehe echt kein Ende...Den ganzen Mai gibt es also wieder keine Privatsphaere. Ich habe schon angekuendigt, dass ich fuer die Woche, in der mein Freund in Japan ist, wohl zu den anderen Praktikanten ziehen werde. Denn was soll ich denn da alleine mit den Eltern die ganze Zeit? Sicherlich werde ich mich Familienevents anschliessen, aber nicht tagein tagaus bitttteeeee!!!

Haha und DAAANNNN. Da nun die Hochzeit ins Wasser gefallen ist, sieht es auch sehr wahrscheinlich so aus, dass der Bruder dann erstmal zu uns zieht, denn er moechte sicher aus der gemeinsamen Wohnung entkommen. Gott sei Dank arbeitet er oft auf dem Meer und ist nicht jeden Tag da. Aber ich kann nur sagen: Kaum fasst man einmal Hoffnung, dass man endlich mal seine Ruhe hat, kommt was Neues.

Ich versuche hart, meinen Ausgleich zu finden und die Aggression nicht ueberhand nehmen zu lassen. Am Wochenende versuche ich, zu entschwinden und auch in der Woche versuche ich nach der Arbeit Hobbies zu machen. Aber ohne Mitfahrgelegenheit bin ich da ja auch immer aufgeschmissen. Es ist ein kleiner Grusel, aber ich habe immernoch die Hoffnung, dass es vielleicht ab Juni endlich besser wird. Aber dann bin ich auch nur noch 2 Monate hier und hab die meiste Zeit hier unter erschwerten Umstaenden gelebt. Harte Bewaehrungsprobe fuer eine Beziehung, die erst knapp ein halbes Jahr alt ist. Aber es war meine Entscheidung hierher zu kommen, also ziehe ich das auch durch. Und ich weiss, dass wir das meistern, auch wenn vllt noch ein paar Traenen vergossen werden.

Gott sei Dank gibt es auch immer kleine Lichtblicke. So war am Wochenende mein bester Freund Jay in KL, um mich zu besuchen und wir haben eine super Zeit gehabt. Es war eine Wohltat, 2 Tage im Hotel zu schlafen. Dann habe ich tolle Leute zum Klettern hier und jetzt habe ich noch jemanden kennengelernt, der er mir erlaubt, umsonst an Salsa-Workshops teilnehmen kann. Das gefaellt mir wesentlich besser als die Tanzschule, wo ich vorher war.

Ich versuche also die Ohren steif zu halten. Es ist ja auch mal eine Erfahrung, mit der man lernen muss  umzugehen.




1 comment:

Sarah said...

Oh man, das klingt echt reichlich nervenaufreibend. ;( Gast zu sein ist ja das eine, aber in einer fremden Kultur, ich würde ausflippen! Hoffentlich wird das alles, halt den Kopf hoch! Schick mir mal deine Adresse, ich will dir ne Karte schicken.