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Beijing hat sich in den letzten 2 Tagen meines Aufenthalts doch noch als ein Erfolg rausgestellt. Das Wetter wurde schlagartig besser; ich habe tolle Leute kennengelernt mit ihnen eine gute Zeit verbracht; ich habe mein heiß ersehntes Zugticket bekommen etc. Ja…mein hart erkämpftes Ticket. Ich war so glücklich, sah mich selber schon gemütlich im Zug schlafen und am nächsten Tag im Paradies aussteigen. Zja, ein schöner Gedanke war das…es sollte anders kommen.
Ich machte mich fast 2 Stunden vor Abfahrt des Zuges auf den Weg zum Bahnhof, der blöderweise im Südwesten liegt (Ich wohnte im Nordosten). Aber gut, mit der Ubahn geht das ruckzuck und es ist auch nur einmal umsteigen. An der Station angekommen, stellte sich heraus, dass die Zeit doch sehr knapp wurde und man noch zum Bahnhof laufen musste. Ein netter Herr nahm sich meiner an und geleitete mir den Weg. Ich, mit 15 Kilo, 2 Rucksäcken und einem Essensbeutel rannte also durch die 35 Grad heißen Straßen von Beijing. Ich war am Ende meiner Kräfte und klitschnass. Am Eingang zum Bahnhof zeigte ich mein Ticket du dann ging es zur Sicherheitskontrolle (ähnlich wie am Flughafen). Ich nahm meine Rucksäcke wieder auf die Schultern und rannte wie eine Blöde zu meinem Gate. Natürlich war es auch wieder das Hinterste: Gate 10. Ich rannte mit meinem Mitstreiter nach vorne; wieder Ticketkontrolle. Ich fasste in meine Hosentasche, wo ich es nach der ersten Kontrolle reingepackt hatte. Ich schaute links, ich schaute rechts, hinten und vorne. Das Ticket war weg! Und ich hatte keine Zeit mehr, zurückzulaufen und zu suchen (zumal das in China eh sinnlos wäre; einmal was liegen oder fallengelassen und es ist sofort weg). Mein Mitstreiter war auch ganz aufgeregt und hektisch. Er quatschte die Dame zu und letztendlich ließ sie mich unter heftigen Worten durchrennen. Ich spurtete die Treppen hinunter. Ich erinnerte mich an Wagon 10. An jedem Wagon steht wiederum jemand, der Tickets kontrolliert. Ich schilderte meine Situation. Sie schickte mich zu Wagon 13, wo der Chef sitzen sollte. Wieder ein wildes Argumentieren und dann ging die Sirene los: Abfahrt. In letzter Sekunde zogen sie mich noch in den Wagon. Ich war drin! Sie meinten dann, ich solle nochmal in Ruhe suchen. Ich wusste natürlich, dass ich das Ticket verloren hatte und jegliche Sucherei umsonst sein würde. Als nun beiden Seiten klar wurde, dass das Ticket nicht mehr in meinem Besitz war, war ich am Ende meiner Nerven. Total außer Atem, komplett klebrig verschwitzt und zerwühlt. Ich fing an zu weinen. Wie lange habe ich gebraucht, um an dieses Ticket zu gelangen und nun ist es einfach weg!! Das ist auch einfach nur zum Heulen! Sie erklärten mir, dass ich auch nicht zu meinem Liegeplatz gehen könne, da das Ticket am Bahnhof wahrscheinlich von jemandem zurückgegeben wird, er das Geld einkassiert, und der Platz wieder frei wird für jemanden, der dann an einer der nächsten Stationen zusteigen kann. Aber ich könne ja ein Sitzticket kaufen. Die Ober schaffnerin kam mit dem Zahlgerät. In dem Moment wurde mir klar, dass ich gar nicht genug Bargeld dabei hatte. Kann es noch schlimmer werden? Da wussten die beiden sich auch keinen Rat mehr. Sie fragten mich, ob ich eine Geldkarte dabei habe. Ich bejahte und sie sagten mir, dann müsse ich nächste Station aussteigen, in der Stadt Geld holen und dann zusehen, dass ich mir irgendwie ein neues Zugticket besorge! Als ich das hörte, ging gar nichts mehr. Da hab ich so angefangen zu schluchzen und zu heulen, dass mir die eine Mitarbeiterin stetig neues Papier aus ihrer Kabine reichte. Sie hatte sichtlich Mitleid mit mir (im Gegensatz zu der Oberschaffnerin). Ich überlegte hin und her, was ich nun tun könnte. Eines stand definitiv fest: Ich würde diesen Zug nicht verlassen!! Denn ich will nicht irgendwo in China in der Pampa stehen und zusehen, wie ich nun weiterkomme…
Letztendlich bat ich die nette Mitarbeiterin, mir zu sagen, wer alles an der gleichen Station aussteigt wie ich, damit ich diese Leute bitten kann, mir Geld zu leihen (wie erbärmlich). Ich tat ihr so Leid, dass sie mir anbot, dass sie mir das Geld leihen würde, unter der Bedingung, dass mich jemand in Guilin vom Zug abholt und das Geld bei sich hat. Gott sei Dank hatte ich jemanden in Yangshuo (eine Stunde von Guilin), einen Irländer, den ich noch von letztem Jahr kenne. Nach mehreren vergeblichen Versuchen, ihn zu erreichen, kappe es dann und er sicherte mir zu, mein Leben zu retten. Wenigstens schon mal ein Lichtblick und ich war glücklich, dass ich mich doch erfolgreich immer Bemühe, bestehende Kontakte zu pflegen. Nur so kann man sich auch wirklich drauf verlassen, dass einem auch wirklich mal geholfen wird, wenn man in Not ist.
Der Oberschaffner schien auch Mitleid mit mir zu haben. Nachdem ich ein paar Stunden im Gang ders Softsleeper Wagons rumsaß, meinte er gegen Mitternacht zu mir, dass ich doch in den Essenswagon gehen solle für die Nacht. Ich war glücklich. Immerhin bequemer als hier. Ich ging rüber, die Angestellten waren am essen, lachen, rauchen. Ich ließ mich dann auf einem der Sitze nieder und versuchte irgendwie, zu schlafen, was mehr oder minder erfolgreich klappte. Es war kalt, der Wagon wahr total zugequalmt, ständig gingen Angestellte laut quatschend auf und ab. Am nächsten morgen gegen 6 Uhr sass ich und las ein wenig in meinem Buch, komplett übermüdet. Dann kam die Frau, die ich nie wieder vergessen werden: Eine vom Reinigungspersonal sprach mich barsch an und meinte, ich solle meine Sachen packen. Ich habe jetzt gefälligst rüber zu gehen uns Sitzabteil. Der Chef habe schon so viel Verständnis für mich gezeigt, nun sei es auch mal gut damit. Sie stand neben mir und ich musste unter ihren tötenden Blicken in Windeseile alles zusammenpacken. Ich fragte sie, ob ich dort drüben auch irgendwo sitzen könne. „ Sitzen? Tzz! Du hast doch nicht mal ein Ticket, wie kannst du dann erwarten, dass du dort sitzen kann, los rüber!“ Also, erniedrigter kann man sich auch nicht fühlen in solch einem Moment. Ich hatte doch ein Ticket!!! Blöde Kuh, dachte ich mir nur…
Dann kam der Moment, den ich auch so schnell nie vergessen werde. Ich ging mit ihr zum Wagon, sie öffnete eine Tür…Was ich vor mir sah, war etwas, was niemand unbedingt erleben möchte. Tausende chinesische Augen schauten mich an. Sie schrie in den Wagon, dass man Platz machen solle. Aber wo soll man Platz machen, wenn es keinen Platz gibt??? Hunderte Chinesen überall, auf den Sitzen, auf dem Boden liegend, sitzend und stehend. Müll, der sich auf dem Boden stapelte. Ich war die einzige Ausländerin. Ich wurde gemustert, als sein ich ein Alien. Das sind Momente im Leben, wo man einfach nur den Schalter ausknipsen will und sich am besten in Luft auflöst.
Ich war tatsächlich den Rest meiner Reise eine Attraktion und sicherlich das Gesprächsthema vieler Chinesen für viele Tage. Ich bin mit mehreren ins Gespräch gekommen und das hat wohl auch sicher meine Reise erleichtert. Tränen zum Heulen hatte ich ja eh nicht mehr. Allerdings waren mir die Gespräche auch manchmal zu viel, da ich vor Müdigkeit fast umkippte und chinesische Konversationen mich einfach anstrengten.
Gut, dass ich klein gewachsen bin, so konnte ich es mir irgendwo zwischen Müll und Chinesen auf 100 Quadratzentimetern ‚bequem‘ machen. Ich hatte Glück, dass mir ein Chinese für kurze Zeit seinen Platz geliehen hat. Später habe ich dann einen halb kaputten chinesischen Klapphocker bekommen. Voller Anspannung saß ich darauf, wie in einer Sardinenbüchse, in dem Bestreben, mich so wenig wie möglich zu bewegen, da sonst das Teil zusammengebrochen wäre.
Die letzten 4 Stunden im Zug habe ich dann gestanden. Was war das für ein befreiendes Gefühl, als der Zug mit 2 Stunden Verspätung zum Stehen kam und ich frische Luft genießen konnte. Im Zug darf man nämlich die Fenster nicht öffnen wegen der Klimaanlage. Gegessen und getrunken habe ich die ganze Fahrt nicht, aus Angst, ich müsste dann die Toilette zu oft besuchen. Ich musste einmal nötig und das war quasi wie Bergsteigen. Einmal durch den ganzen Wagon über allerart Gegenstände und Menschen steigen, dann ewig vorm Klo warten und dann das wundervoll duftende Hockklo bei rasanter, ruckelnder Fahrtgeschwindigkeit meistern. Dabei ist darauf zu achten, dass man nicht mehr in dieser Box berührt als nötig.
Bein Aussteigen wurde ich feierlich verabschieden vom ganzen Wagon. Das war ja schon niedlich irgendwie und ich hab mich kurzzeitig wie ein Superstar gefühlt. Aber die anderthalb stündige Busfahrt nach Yangshuo stand ja noch an.
Man kanns sich auf aufm Waschbecken bequem machen |
Man kommt sich nah, auch wenn man sich gar nicht kennt |
Die letzten 4 Stunden im Zug habe ich dann gestanden. Was war das für ein befreiendes Gefühl, als der Zug mit 2 Stunden Verspätung zum Stehen kam und ich frische Luft genießen konnte. Im Zug darf man nämlich die Fenster nicht öffnen wegen der Klimaanlage. Gegessen und getrunken habe ich die ganze Fahrt nicht, aus Angst, ich müsste dann die Toilette zu oft besuchen. Ich musste einmal nötig und das war quasi wie Bergsteigen. Einmal durch den ganzen Wagon über allerart Gegenstände und Menschen steigen, dann ewig vorm Klo warten und dann das wundervoll duftende Hockklo bei rasanter, ruckelnder Fahrtgeschwindigkeit meistern. Dabei ist darauf zu achten, dass man nicht mehr in dieser Box berührt als nötig.
Toilette... |
Rob stand am Bahnhof und nahm mich in Empfang, ich war gerettet. Ich habe meine Schulden bei der Mitarbeiterin beglichen und wurde von der Oberschaffnerin mit den Worten verabschiedet, ich solle doch nächstes Mal besser auf mein Ticket aufpassen. Genau die Worte, die man in diesem Moment hören will. Und, als hätte man sich nicht schon genug selber geärgert, da kommen dann wieder diese belehrenden Phrasen. Da habe ich ihr aus Trotz nur entgegengeworfen, dass ich ganz sicher nicht mehr mit dem Zug in China fahren werde. Dann habe ich mich wieder zu der anderen Dame umgedreht und ihr nochmal die Hand geschüttelt du gesagt, dass sie wirklich ein netter, mitfühlender Mensch ist. Oberschaffnerin rechts liegen gelassen und schnurstrakt runter vom Gleis und auf ins Paradies!
Jetzt bin ich seit einer Woche in Yangshuo. Darüber werde ich demnächst schreiben. Ich genieße meine Zeit hier sehr, habe toll Leute um mich herum, eine fantastische Landschaft und endlich wieder ausreichend Sport! Klettern hier ist fabelhaft und ich bekomme einen schönen, goldenen Teint. Aber davon dann demnächst.
4 comments:
Eine schon fast typische Julia-Story :- ) Amüsant zu lesen, aber persönlich habe ich es NIE auch nur in Erwägung gezogen in China einen Zug zu nehmen. Wiedermal bestätigt :- )
ach du, in den schlafabteilen ist es wunderbar! da kann man nicht meckern. ^^ und was war daran nun typisch julia ;)?
ich verstehe was jay damit meint xD. bin froh dass du es heil geschafft hast und ohne den zug zu verlassen. hast ja glück mit der einen mitarbeiterin gehabt O_o. so eine hilfreiche mitarbeiterin findet man selten da drüben ^^.
lg, rexi
oh gott. so ein chaos. und das 24h. ich wills mir nicht mal vorstellen. D: wie auh immer du das gemacht hast.. chapeau! :D
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